Die Physiker – eine unendliche Geschichte. Lisa, Olliver und ich haben uns dem ganzen (leidigem) Thema mal von verschiedenen Seiten her genähert. Unter anderem haben wir auch Dr. Novotny interviewt. Das Interview haben wir leider noch nicht in einen Artikel verwandelt.
Die Haßliebe lebt – „Die Physiker“ wagen die Neuinszenierung eines echten Klassikers
Die aufregende Neuauflage des JLU-Klassikers „Physiker und Mediziner“ ist trotz wesentlicher Patzer ein echtes Erlebnis – nicht zuletzt wegen der experimentellen Form.
Gleich zu Beginn setzt der Regisseur R.N. auf die eindrückliche Wirkung des Monologes.
Eindrücklich ist er leider, die Figur des Professors wirkt wirr und überladen, dass Publikum fühlt sich überfordert und der Monolog gelingt trotz überragender schauspielerischer Leistung wesentlich zu lang. Weder die mit Anna excellent besetzte Rolle des HiWi, die eine gewisse Verbindung zwischen Publikum und Bühne herzustellen vermag, noch umfangreiche Requisiten und gekonnt eingesetzte Effekte vermögen es, den ersten Akt aus der Langeweile zu erretten. Das Publikum straft mit Verlassen des Theatersaales um – zum großen Finale des ersten Akts, fast wie unter Zwang – wieder zu erscheinen. Doch gerade dieses fulminante Ereignis gerät zum Desaster. Auch wenn die ordnende Handschrift es Regisseurs R.N. deutlich zu erkennen ist, so sind schlecht eingewiesene Nebendarsteller und unzureichendes Requisitenmanagement schlichtweg schlechte Arbeit. Da das Stück auch hier wieder über weite Strecken schwer zugänglich und unverständlich erschien wird der Zuschauer nicht ge- sondern überfordert.
Im zweiten Akt widmet man sich zu großen Teilen einer experimentellen Form des praktischen Theaters, wohl mit der Absicht, dem Publikum des Geschehen auf der Bühne näher zu bringen.
Das Publikum soll nun also – nicht unbedingt freiwillig, aber nach vorheriger Einweisung – in Kleingruppen zehn Stationen durchlaufen. Der Umgang mit den zugewiesenen Rollen im Publikum ist -nicht zuletzt auf Grund der sehr unterschiedlichen Vorraussetzungen und Begabungen- sehr unterschiedlich. So sind innere Bereitschaft zur Mitwirkung und auch Vorbereitung oft mangelhaft. Aber auch die Rollen der HiWis, von Seiten des Theaters mit mehr oder minder professionellen Akteuren besetzt sind nicht immer überzeugend und teils sehr widersprüchlich.
Die großen Emotionen kommen trotzdem zu kurz, deutlich erscheinen Wut, Zorn und Verzweiflung. So gibt es auch im zweiten Akt ein Finale, noch größer und bedeutender als im ersten Akt,. Es bleibt abzuwarten, ob die Umsetzung hier qualitativ hochwertiger ist und ob sich das Publikum mittlerweile ein grundlegendes Verständnis über die Ereignisse auf der Bühne verschaffen konnte….
Von Klausuren und ähnlichen Schikanen
Jetzt mal ehrlich: Habt ihr euch schon mal Gedanken über die Herkunft des Wörtchens „physician“?* gemacht? Oder warum es eigentlich Physikum heißt… Wahrscheinlich noch nicht – ich bin auch erst in Nachdenken geraten als ich diesen Artikel zu schreiben begonnen habe. Vielleicht ist es einfach Verdrängung. Ich reagierte in der Zeit nach meiner missratenen Vorlesungs – Klausur auch etwas verschnupft auf das P-Fach. Oder sind Physiker und Mediziner tatsächlich völlig inkompatibel? Man könnte unter Umständen diesen Eindruck gewinnen: Auf der einen Seite völlig demotivierte Medizinstudenten, die sich lustlos ins Physikpraktikum oder die Vorlesung quälen. Auf der anderen Seite die Physiker, die dementsprechend lustlos die Strafarbeit “Physik für Mediziner“ absolvieren. Eine Spirale der Frustration, die sich kürzlich sogar zu einem deutlichen Konflikt steigerte. Anlass war die Klausur der Erstsemster. Diese war letztes Jahr wohl selbst für uns Anatomie-Zombies zu einfach gewesen. Über 80 Prozent bestanden! Das kann doch wohl nicht wahr sein, wird sich da wohl manch ein Physiker gedacht haben! Schlagartig wurde ihnen klar, welche ungebildete Horde sie da gerade aus ihrem Einflussbereich entlassen hatten: Diese Studenten würden später einmal Patienten mit Lasern beschiessen, in MRTs und CTs stecken oder ähnlich schlimme physikalische Dinge mit ihnen machen, ohne wenigstens kurz den Physikern zu gedenken! Den ohne sie hätte wir diese ganzen tollen Spielzeuge diagnostische Gerätschaften ja gar nicht! Deswegen wurde beschlossen es alles ganz anders zu machen. Die Physiker bewiesen eindrucksvoll wie eine Klausur konzipiert werden muss, damit 86% sogar noch ein zweites Mal mitmachen können. Und es wurden alle Register gezogen: Hier als kleine Anleitung:
1. Aufgaben so gestalten das sie mit Taschenrechner bequem in einer Stunde zu lösen wären.
2. Versprechen, das Papier zur Verfügung gestellt wird; verbieten das eigenes Papier benutzt wird
3. Für die Klausur eine Zeit von 45 min und keinen Taschenrechner zulassen
4. Für die eine Hälfte der Studenten für die ersten 10min den Taschenrechner doch zulassen
5. Kein Papier zur Verfügung stellen
6. Dann bei der Auswertung noch ganz anders vorgehen als angekündigt, damit es nicht etwa noch fair zugeht.
Na, danach war „Physik“ für viele erstmal ein recht rotes Tuch, wobei allerdings gesagt werden muss, dass die Wiederholungsklausur doch sehr viel erfreulicher verlaufen ist…
Doch damit ist ein Medizinstudent, der schon fleißig seine eingebaute Unfehlbarkeit ausprobieren will, natürlich nicht besänftigt. Ein Brief an unseren Studiendekan Prof. Dreyer, von diesem einen Anruf an Dr. Novotny vom physikalischen Institut. Das Imperium schlägt zurück – oder eine neue Hoffnung für ein Zeitalter der Verständigung zwischen Physikern und Medizinern?
Achja, da war ja noch was anderes, das Physikpraktikum…
Wir werden von freundlichen Hiwis und gütigen erfahrenen Physiker durch den Versuch geleitet. Diese klären am Anfang ein paar Verständnisfragen, versuchen in uns die Lust am forschen zu wecken und blicken milde über unsere kleine Unzulänglichkeiten hinweg.
Yeah, in your dreams!
Mal ganz ehrlich: …….
Medizinischer Pauschalpessimismus
Nennt mich Ersti, Gutmensch, Träumer oder Optimist. Aber zum Streiten gehören bekanntlich immer zwei. Und die Tradition der medizinisch-physikalischen Hassliebe wird uns schon früh angetragen. Wer hat nicht schon innerhalb der Einführungswoche, spätestens in der Mensa beim vorsichtigen Erfragen der Hürden die da noch kommen mögen hinter halb vorgehaltener Hand oder im Brustton trotzigster Überzeugung vom Kampf gegen die Windmühlenflügel der Physik gehört ? Horrorgeschichten von genervten HiWis, die sich genötigt fühlen, uns in unserer Unwissenheit und Lernschwäche an den Busen der einzig wahren Mutter der Naturwissenschaften zu führen; dramatisches vom heroischen Aufbegehren der gepeinigten Hippocraten gegen die Ungerechtigkeiten in Praktikum und Klausur. Prof. Novotny hat sich zur letzten Vorlesungsklausur eindeutig geäußert: die Kritik war berechtigt und eine solche Vorstellung wird zumindest unter seiner Regie nicht wieder vorkommen.
Über die Vorstellung, wieviel physikalisches Verständnis der moderne Mediziner in seiner täglichen Praxis braucht, lässt sich sicherlich diskutieren; wobei Einigkeit darin besteht, dass dann auch in manch anderem Themenkomplex zu beschneiden wäre. Fakt bleibt allerdings, dass wir am Klima unserer Vorlesungen und Praktika mindestens genauso beteiligt sind, wie alle anderen Akteure und damit der Apell: Kritik muss raus, aber angemessen. Und vor allem dürfen wir uns nicht vom Klischee der ewigen Fehde einlullen lassen, wenn sich etwas ändern soll. Ich habe bisher die Erfahrung gemacht, dass sich mit den meisten Physikern mangels steifer Hierarchie und Hackordnung besser reden lässt als mit manchem Mediziner. Nennt mich ideologisch. Ich bin für Friedensverhandlungen.